EINAR WAR DA: Blixt + No Home, Moers Festival, 18.5.2013

Nach langen Jahren mal wieder beim Jazzfestival in Moers… ein weit über die Stadt hinaus bekanntes Event, zu dem große Mengen junger spaßsuchender Menschen anreisen; allerdings nicht, um das Festivalzelt selbst betreten und den dort auftretenden Musikern lauschen zu wollen, sondern um in der zugehörigen Fressmeile und dem städtischen Schlosspark abzuhängen und umherzuirren. Einige aufgeschnappte Kommentare lassen darauf schließen, dass die aus dem Zelt herüberwehende Musik nicht unbedingt auf Zustimmung stößt: „Du willst doch nicht etwa da reingehen?“ „Um Gottes Willen, natürlich nicht!!“ Jazzverwandter Sound kann also das picklige Jungvolk hier noch in Ablehnung vereinen, das ist doch schön.

Das Programm dieses Jahr ist gewohnt exzellent; der Höhepunkt: Moers konnte John Zorn dazu gewinnen, eine seiner wenigen, über die ganze Welt verstreuten Geburtstagsfeiern am Niederrhein zu schmeißen. Ein ganzer Tag mit einer Auswahl seiner aktuellen Projekte, krass! Wehmutstropfen: Nur in einem der Sets gab es ihn selbst am Altsaxophon zu erleben (und nicht nur als Conductor und feist grinsenden Master of the Ceremony). Als es dann soweit ist, beim viel zu knappen Auftritt mit Electric Masada, ist das Intensitätslevel nicht mehr zu toppen. Über Zorn selbst gäbe es viel und ausgiebig zu diskutieren: später, das.

Am nächsten Tag dann zwei Powertrios in klassischer Besetzung und hirnsplitterndem Avant-Sound. Zuerst Blixt, ein erst seit kurzem existierendes Projekt von Bill Laswell am Bass — live erst einmal gesehen (in den 80ern mit Last Exit im ehrenwerten Forum in Leverkusen) aber selbstredend auf zig Platten gehört; Raoul Björkenheim an der Gitarre, den ich ebenhier in Moers 1990 mit Krakatau erlebt hab und der in den letzten Jahren verschärft produktiv gewesen ist, besonders im Rune Grammofon Umfeld; und Morgan Ågren an den Drums, den außerhalb Skandinaviens wohl kein Schwein kennt — abgesehen von anderen Schlagzeugern, denn unter denen hat er als Power-Virtuose und kurzzeitiger Zappa-Musiker einen hervorragenden Ruf. Das geht sehr gut ab und ordentlich nach vorn. Laswell mit seinem unverkennbaren Blubber-Sound, den man von ihm aber erstaunlich selten zu hören bekommt, macht besonders Spaß. Gefangene gibt es keine, vorher wird alles niedergemäht.

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Noch viel, viel toller aber das andere Trio, No Home mit Caspar Brötzmann — jahrelang verschollen, dann vor 2, 3 Jahren plötzlich wiederaufgetaucht mit einem Relaunch von Massaker in der Ursprungsbesetzung. Anfang des Jahres borgte er sich für ein Konzert die Rhythmussektion einer der Bands seines Herrn Vater (Full Blast) aus, daraus wurde No Home mit Marino Pliakas und Michael Wertmüller. Machen wir es kurz: A MATCH MADE IN FUCKIN‘ HEAVEN!!! Große Dankbarkeit, das erlebt haben zu dürfen.

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Das ganze lässt sich in ganzer Länge nachschauen und -hören (wenn auch nicht -erleben) hier:

http://liveweb.arte.tv/de/video/moers_festival_Blixt/

http://liveweb.arte.tv/de/video/moers_festival_Nohome/