EINAR WAR DA: Fred Frith’s Cosa Brava, Stadtgarten, Köln, 13.5.2012

Der Mann mit dem deutsche Zungen hohnsprechenden Namen zu Gast in Köln, diesmal seit langem mal wieder mit einer Rock(?)band, Grund zur Freude. Frith nennt Cosa Brava sein Vehikel für „songs, stories, and joyful noise“, wobei die Betonung für die allermeisten Ohrenpaare sicherlich auf letzterem liegen dürfte. Auf der Tournee anlässlich der zweiten Veröffentlichung von Cosa Brava begleiten ihn: Carla Kilhstedt an der Violine, eine gehörige Portion balkanische (?) Melodienseligkeit beisteuernd (erinnert mich an die wundervollen Duette von Frith und Ivo Bittová aus „Step Across the Border“, dem wahnwitzigen Filmportrait, das die Österreicher Nicolas Humpert und Werner Penzel im Jahr 1989 über Frith gedreht haben); Bassist Shahzad Ismaily und Drummer Matthias Bossi; the Norman Conquest, zuständig für Plattenspieler und sonstige Störgeräusche; und schließlich Zeena Parkins, die es sichtlich genießt, sich ihrer Improvisations- und Avantjazz-Wurzeln besinnen zu können, anstatt wie sonst so oft in den letzten Jahren Björk mit Arrangements und Sounds zu versorgen. Heute spielt sie nur wenig (elektrisch verstärkte) Harfe, sondern überwiegend Synthesizer. So sorgt sie dafür, dass auch ja keine Rocksong-Gemütlichkeit aufkommen kann – wie schon damals bei Skeleton Crew und News from Babel, Friths Bandprojekten der 80er Jahre. Scharfe Sache.

Frith ist für viele der Inbegriff eines integren Musikers, von seinen Anfängen in der britischen Canterbury- und „Rock in Opposition“-Szene, bei denen das progressive in Progrock tatsächlich etwas mit politischem Anspruch zu tun hatte, bis zu seinen Tourneen mit arbeitslosen Musikern und seiner standhaften Weigerung, sich in irgendeiner Weise von der Medienindustrie vereinnehmen zu lassen. Sehr gut in Erinnerung geblieben ist mir sein Auftritt auf dem Moers-Festival 1993, kurz nach dem rassistischen Brandanschlag in Solingen: Frith brach in Tränen zusammen, als er das Publikum ansprechen wollte, eine spontane Spendensammlung für die Opfer zu organisieren. Das schmerzte, wie es schmerzen musste.

Auch heute, 19 Jahre später, erweist sich der Brite als sympathisch und völlig ohne Allüren, seine Band spielt unverschämt tight, besonders die Rhythmusgruppe rockt wie Sau. Das heißt, nur wenn sie ausnahmsweise mal darf – denn Friths Musik ist immer noch durch und durch antirockistisch, jeder Anflug von Mackerpose ist ihm fremd. Kein Wunder, dass jemand wie Julian Cope mit Abscheu von Henry Cow spricht, während er die vermeintlich authentischen deutschen Krautrockhelden a la Amon Düül II hochleben lässt (in „Krautrock Sampler“). Fred Frith misstraut grundsätzlich dem Freiheits- und Erlösungsversprechen der Rockmusik. Bei aller Sympathie hierfür wünsche ich mir bei dem Konzert öfters, das die Band mal wirklich loslassen und einen Schweinegroove nicht nach wenigen Takten wieder einstampfen würde. Meine Frustration mag allerdings auch damit zu tun haben, dass mir die Songs noch nicht bekannt sind und meine Ohren in der hochkomplexen Musik nach Angelpunkten lechzen. Später höre ich die beiden Alben der Band, die mich mehr und mehr faszinieren und mich wünschen lassen, ich könnte den Auftritt in Köln ein weiteres mal erleben.